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Milena Büsch

Milena Büschs Position innerhalb der Malerei ist eher eine konzeptuelle. Ihr Ansatz besteht in der Suche nach Bildmaterial, dass das System des Zeigens eines Ausstellungshauses an ihre Grenzen bringt: zumindest im Sinne einer geschmacklichen Grenze, die der Rahmen der Institution nicht mehr ganz umstandslos als Kunst ausweisen kann, und sei es auf einen ersten schnellen Blick hin. Aktuell malt sie Magazinseiten von Klatschpresse oder Automagazinen bzw. deren Cover mit Öl nach. Sie hat ihre Motive aber auch schon in der Werbung oder trashigen Design-Gegenständen wie Teppichen, thematischen Papierservietten oder bedruckten Leinenwänden aus dem Baumarkt gefunden. In der jüngeren Kunstgeschichte kennen wir verschiedenen Formen von Aneignungen, die klassischerweise eher mit seriellen Techniken wie dem Siebdruck oder Fotografie ausgeführt werden. Bei Büsch sind die Aneignungen Unikate von denen es jeweils nur eines ihrer malerischen Ausfertigung gibt, während das Heftchen aus dem es entnommen ist in zehntausendfacher Ausfertigung kursiert.

Das Nachmalen funktioniert hierbei direkt auf der Magazinseite beziehungsweise einem anderen vorgefundenen motivischen Objekt. Ihr Malgrund gibt also immer schon das Motiv vor, das am Ende in Öl gezeigt wird. Das, was in dieser Übertragung passiert, ist etwas anderes als reines reproduzieren oder aneignen. Durch das Übermalen in Öl ergeben sich Ungenauigkeiten, die im Laufe des Prozesses entstehen, der auch bei kleinen Motiven zum Teil Monate lang andauert. In diesen Ungenauigkeiten, kleinen Fehlern in der Ausführung und auch der Textur der Ölfarbe ergibt sich so etwas wie eine Handschrift oder zumindest Spur der Bearbeitung, die von der Künstlerin stammt. Innerhalb dieser kleinen Strukturen entsteht ein Eindruck des Malerischen, der in den meisten Arbeiten bis in die übergeordnete Struktur des Gesamtbildes mit hineinspielt. Auch wenn wir vorab zu glauben meinen, dass wir von einer exakten mechanischen Kopie stünden, so verfestigt sich ein anderer Eindruck nach dem Wahrnehmen dieser feinen Unterschiede.

Die Arbeiten zeigen uns eigentlich vor allem auf, was wir mit Malerei verknüpfen, wie ihre Mechanismen funktionieren, welche Erwartungen wir an das Medium haben und was Bilder gewinnen, wenn sie von einer anderen Form in eine Malerische überführt werden. Das hängt auch damit zusammen, dass wir die Vorlagen“ oder Motive“, die Büsch wählt bzw. findet, gut zu kennen glauben und sie eben auch mit Erwartungen verknüpfen, die der von Malerei vielleicht entgegenstehen oder ihr zumindest nicht entsprechen.

Besonders humorvoll ist dabei das Motiv aus Adel aktuell (2022), in dem die Betrachter*innen dazu aufgefordert werden Fehler in einem Bild zu finden. Dafür ist das Bild – eine Szene eines Fußballspiels – in gewohnter Manier doppelt und in diesem Fall übereinander abgebildet. Das obere Bild ist mit dem Begriff Original und das untere dementsprechend mit Fälschung benannt. Allein diese Zuschreibung in wertbezogene Kategorien ist derartig mehrdeutig und läuft in der Wiederholung in Öl komplett ins Leere. Verstärkt wird dieser Eindruck noch dadurch, dass die Wiederholung dann eben die kleinen technischen Mängel aufweist, die einen Vergleich dann noch zusätzlich erschweren bzw. unmöglich machen.

Wieviel sich in diesem Transfer von Hochglanz-Bild zum malerischen Bild verschiebt wird vielleicht nochmal stärker in Auto Motor Sport (2022) klar. In dem gesamten Bild sind 25 Cover des titelgebenden Magazins in 5 Reihen mit jeweils 5 Einzelbildern arrangiert. Der Umfang entspricht einem Jahr an publizierten Heften. Die verschiedenen Fahrzeug-Typen sind in ihrer malerischen Ausführung schwer zu erkennen und in Details werden sie eher zu Farbflecken als dass sie noch typologisch lesbar sind. Ein Effekt des Formats ist hier auch, dass die einzelnen Bilder in der Reihung aufgehen und sie sich gegenseitig verstärken. Der Transfer der Hochglanz-Bilder aus der Welt der Werbung oder den Glossy Magazinen in die DIY-Ästhetik der Ölmalerei von Büsch ist Reflexion über das Kopieren, die Malerei und Bildwelten, die uns im Alltag umgeben.


Auto Motor Sport, 2022
Öl auf Magazinseiten, auf Karton montiert, Rahmen der Künstlerin
142,8 × 110,8 cm
Courtesy J. Patrick Collins; FELIX GAUDLITZ, Wien 

Adel aktuell, 2022
Öl auf Magazinseiten
2822 cm
Courtesy FELIX GAUDLITZ, Wien

Milena Büsch

*1980, lebt in Frankfurt und Berlin

Solo (u.a.): Felix Gaudlitz, Wien (2022, 2019), Paris Internationale (2021), Forgo, Berlin (2020), Geld, London (2019), Diana Lambert, Wien (2015); Shows (u.a.): Galerie der Stadt Schwaz (2021), Lars Friedrich, Berlin (2020), Éduard Montassut, Paris (2019), Freudenberger, Wien (2017), Nagel/​Draxler, Köln (2013)