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3. Before the Law

Franz Kapfer, Before the Law, 2012/24

Lack auf Holz, 385271230 cm

Courtesy der Künstler

Die Arbeit Before the Law (2012) entstand im Zuge der Teilnahme von Kapfer an der 6. Busan Biennale (Südkorea) im Jahr 2012. Im Verlauf der Recherche vor Ort ergab sich für den Künstler die seltene Gelegenheit einer Reise nach Nordkorea. Obgleich die Reise überwacht wurde und Kapfer nur einen durch das System klar abgesteckten Ausschnitt des Landes zu Gesicht bekam, nutzte er die Gelegenheit zur Entwicklung einer Arbeit. Im Gegensatz zum westlich-orientierten Südkorea handelt es sich bei Nordkorea um eine autoritär geführte Diktatur, deren Herrscherfamilie sich immer wieder in eine Erbfolge historisch wichtiger Figuren des bis 1910 bestehenden koreanischen Kaiserreiches stellt. Die Instrumentalisierung der historischen Herrscherdynastie durch die derzeitige Militärdiktatur der Familie Kim ist das zentrale Motiv von Before the Law.

Die künstlerische Methode ist dabei einfach wie wirkungsvoll und besteht in der maßstabsgetreuen Nachbildung von Elementen verschiedener Tempelanlagen. Im Eingang der Apsis steht ein vier Meter hoher Tiger, bei dem es sich um eine Rekonstruktion einer Figur aus dem angeblichen Grab von Tangun handelt, eine mythische Figur aus der Zeit vor 4000 Jahren, die den Sagen zufolge das erste koreanische Königreich gegründet haben soll. Noch in der Joseon-Dynastie, einem Herrschergeschlecht, das von 1392 bis 1910 mehr als 500 Jahre das koreanische Kaiserreich regierte, bezog man sich auf Tangun als Gründungsmythos des koreanischen Volkes. Im 20. Jahrhundert wiederum wurde er von koreanischen Nationalisten im Kampf gegen die offizielle japanische Doktrin, die Japans Kolonialherrschaft in Korea zu legitimieren versuchte, in Anspruch genommen. Auf Befehl von Kim Il Sung wurden die Überreste von Tangun 1993 entdeckt.

Hinter Kapfers Tiger liegen wie aufgebahrt zwei Replikate von Türknöpfen aus dem Sonnenpalast Kumsusan. Symbole verschiedener Blumenarten (Magnolie, Kimjongilia, Kimilsungia) versinnbildlichen die Figur des Anführers und der Nation und sind damit ebenfalls Embleme der Macht. Signifikant bei der Auswahl dieser Elemente und der Auseinandersetzung mit bestimmten Bauwerken ist bei Kapfer immer der Bezug zur Gegenwart. Anhand von repräsentativer Architektur zeigt er auf, wie derzeitige Herrscher durch Rückbezug auf Geschichte Selbstlegitimation konstruieren und verstärken.

Alle drei Objekte der Arbeit verbindet neben ihrer ursprünglichen Herkunft und dem architektonischen Kontext ihr einfacher, aus Holzstaffeln bestehender Sockel, inspiriert von koreanischen Straßenhändlern, die ihre Ständer gegen Abend hin zu Nachtlagern umbauen. Vor diesem Hintergrund wirken die beiden hinter dem Tiger liegenden Türbeschläge wie aufgebahrt und die Apsis wie eine Art Miniatur des eigentlichen Tempels.


Franz Kapfer, Before the Law, 2012/24
Lack auf Holz
385271230 cm (Tiger)
Courtesy der Künstler

Franz Kapfer, Before the Law, 2012/24
Lack auf Holz
45240200 cm (je Liege 45100200 cm)
Courtesy der Künstler