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Anton Lehmden

Anton Lehmden, Zwei Köpfe in einer Landschaft, 1949 – 50

Öl auf Hartfaserplatte
4357 cm, Rahmenmaße: 46605 cm

Courtesy Artothek des Bundes, Dauerleihgabe im Belvedere, Wien

Anton Lehmden war wie die meisten Mitglieder der Wiener Schule des Phantastischen Realismus Schüler von Albert Paris Gütersloh. Nach drei Jahren Studium tritt Lehmden dann 1948 auch in den von Gütersloh mitgegründeten Art Club ein. Dort trifft er schon früh auf viele Weggefährten, wie Ernst Fuchs, Rudolf Hausner oder Wolfgang Hutter. Mit den beiden Letzteren verbindet Lehmden auch die gemeinsame Teilnahme an allen bedeutenden Ausstellungen der Gruppe.

Wo Lehmden ist, ist Landschaft“, erklärte Gütersloh einmal und beschrieb damit einen doppelten Sachverhalt: Der Künstler hat viel in der Natur gelebt, er suchte sie immer wieder auf; seit 1966, wo er Schloss Deutschkreutz im Burgenland erwarb, wohnt er auch wieder auf dem Lande. Und er ist derjenige Maler der Wiener Schule des Phantastischen Realismus‘, der sich von allem Anfang an die Landschaft als Hauptthema wählt.“1 

Die Arbeit Zwei Köpfe in einer Landschaft (1949 – 50) stammt aus einer sehr frühen Arbeitsphase Lehmdens, das obige Zitat lässt sich hier exemplarisch anhand des Titels verifizieren. Die beiden Köpfe schweben in einer Landschaft, von der sie mehr oder weniger eingefasst sind. Das gesamte Bild ist durch eine Darstellung von grünen Hügeln begrenzt, die immer wieder durch Wasser unterbrochen wird und insgesamt das Bild einer phantastischen Grotte oder Höhle aufmacht. Diese ist nur in Teilen naturalistisch oder an der Realität orientiert, nicht so aber als Gesamtkomposition. Denn am jeweiligen Bildrand sind vier Landschaften aus eigener Perspektive gesehen ausgerichtet. Zur Bildmitte und den Köpfen hin treffen diese vier Darstellungen aufeinander und vermischen sich in einer Art Strudel aus den jeweiligen Wasserströmen. Es ist gleichgültig wie man das Bild drehen würde, man hätte jeweils an der unteren Kante eine akkurate Darstellung eines Hügelkamms, wahlweise mit oder ohne Fluss oder Baum. Die Gesamtperspektive im Bild geht nicht auf und darin liegt schon eine Grundirritation. Hinzu kommen die beiden Köpfe, die ansonsten völlig körperlos in der Szenerie schweben, oder aus dem Strudel, der sich aus den vier Landschaftsansätzen bildet, zu entsteigen scheinen. Es scheint hier vor allem um das Aufeinanderprallen der Land- und Wassermassen zu gehen, um vorzuführen welche Kraft ihnen innewohnt. Schließlich scheint es Lehmden schon in dieser frühen Arbeit um ein lyrisches oder allegorisches Bildverfahren zu gehen, das eben in der Verfremdung trotzdem eine Beschreibung sucht und darin gerade der von ihm bewunderten traditionellen chinesischen Malerei sehr ähnelt. Er selbst beschrieb seinen malerischen Ansatz wie folgt: Ich mache eine einfache Malerei in der Durchführung und eine klare in der Darstellung. Eine portable Höhlenmalerei mit erweiterter Thematik. Die Malerei ist die Verwandlung einer neutralen Fläche in eine Ansammlung von Betrachtungen, Gedankengängen über Gesehenes, Erfahrenes, Erdachtes und Erkanntes. Diese Verwandlung ist weder durch die realistische Floskel noch durch unbekümmerte Gestik aus dem Handgelenk zu erreichen.“2 

Genau diese Verbindung zwischen Darstellung von Realem und gleichzeitiger bewusster Abweichung durch einen inhaltlichen Prozess und eine eigene Positionierung zu landschaftlichen Darstellungen, scheint ein zentraler Gedanke in Lehmdens gegenständlichem Ansatz zu sein, der in ähnlicher Form auch für die anderen Künstler der Wiener Schule des Phantastischen Realismus gilt und sich vielleicht auch auf die weiteren Künstler*innen der Ausstellung übertragen ließe. Wie im Bild objektivierbare Außenwelt, existenzielle Fragestellungen und malerische Tradition zueinanderstehen, lässt sich als eine Art kleinster gemeinsamer Nenner der Ausstellung und der versammelten Strömungen und Positionen verstehen.

 

  1. Johann Muschik, Die Wiener Schule des Phantastischen Realismus, Wien 1974, S. 80.
     
  2. Anton Lehmden, Eine Portable Höhlenmalerei“, in: Die Phantasten, hrsg. von Gesellschaft bildender Künstler Österreichs, Künstlerhaus Wien, Wien 1990, S. 289.