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Ernst Fuchs

Ernst Fuchs, Cherub wie Tag und Nacht, 1974

Öl-Ei-Tempera Mischtechnik
7158 cm, Rahmenmaße: 10590 cm

Courtesy Ernst Fuchs Privatstiftung, Wien, © Ernst Fuchs Werkvermittlung

Ernst Fuchs ist eine der zentralen Figuren des Phantastischen Realismus. Er studierte mehr oder weniger direkt nach Kriegende im Jahr 1945 bei Albert Paris Gütersloh an der Wiener Akademie der bildenden Künste und lernt im Kontext der Klasse Arik Brauer, Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter und Anton Lehmden kennen.

Mit Aufenthalten in Paris, an der Ost- und Westküste der USA, Italien und Israel kam er sowohl mit zeitgenössischen surreal-figurativen und gegenständlichen Arbeiten von Pablo Picasso, Max Ernst oder Giorgio de Chirico in Kontakt. Zu dieser Zeit studierte er auch christliche und nicht-christliche Darstellungen und kunsthistorische Bezüge, beides scheint in Fuchs‘ Arbeiten gleichermaßen wichtig zu werden. Mystische und religiöse Motive koexistieren ganz selbstverständlich im Gesamtwerk, das sich nicht auf Malerei und Grafik beschränkt, sondern ab einem frühen Stadium auch Entwürfe für Architekturen, Möbel, Tapeten und Schmuck, später auch Bühnenbilder und Skulpturen, sowie ein parallel entstehendes literarisches Werk beinhaltet.

Im Laufe der späten 1950er- und darauffolgend in den 1960er-Jahren wurden zahlreiche nationale und internationale Ausstellungen mit Fuchs und seinen jungen Kollegen veranstaltet, die sie schlussendlich zu wichtigen Figuren der internationalen Kunstszene machten.

Wieland Schmied beschreibt den Maler in dieser Zeit so: Ernst Fuchs ist, äußerlich gesehen, die auffallendste Erscheinung der Freundesgruppe. Schon mit zwanzig erschien er wie ein Patriarch, ein Prophet, eine biblische Figur mit langem wallendem Haar, langem Bart, gläubig und grübelnd, unruhig und nachdenklich, mit großen brennenden Augen und seiner bedächtigen, umständlichen, weitausholenden Art zu antworten, fast immer unterwegs, in Wien, in Paris, in Israel, in New York, überall eine Gemeinde gläubiger Anhänger um sich sammelnd, dabei ohne alle Pose, aber nie ohne ein gewisses Pathos, nie ohne Ernst, Leidenschaft, verhaltene Glut.“1 

Im Jahr 1988 eröffnet Fuchs in Wien Hütteldorf in der von ihm sanierten und gestalteten Otto Wagner Villa“, die vom gleichnamigen bekannten Architekten 1888 in Referenz auf Palladio erbaut und ursprünglich von ihm selbst bewohnt wurde, ein bis heute existierendes Privatmuseum, welches dem Erhalt und der Präsentation seines Werkes dient. Aus der Sammlung stammt auch die gezeigte Arbeit Cherub wie Tag und Nacht (1974). Ein Cherub ist ein übernatürliches Wesen, welches in abrahamitischen Religionen als Diener oder Begleiter Gottes erscheint und unterschiedliche Erscheinungsformen hat. Im vorderasiatischen Raum werden den Cherubim in erster Linie zwei Funktionen zugeschrieben: eine Wächter- und Schutzfunktion – sie schützen den Lebensbaum, und eine Tragefunktion – sie tragen die Gottheit. In Fuchs‘ Darstellung ist der Cherub in einem portraithaften Bildausschnitt dargestellt, der restliche Bildraum ist mit einer diffusen Landschaft und einer angedeuteten Horizontlinie gestaltet. Die Figur selbst weist zum Teil zwar menschliche Proportionen auf, aber die Textur der Haut“ besteht in Fragmenten aus antiken Architekturen wie Marmorsäulen, die wie Muskelgewebe angeordnet sind. Fuchs ordnet so dem Gotteswächter etwas Starkes oder Widerständiges zu, und entrückt ihn gleichzeitig dem menschlichen Geschlecht und unserer täglichen Lebenswelt hin zu eher düsteren Gefilden.

Gemeinsam mit Manfred Fuchsbichler hat Ernst Fuchs 1987 den Auftrag erhalten die Jakobuskirche in Thal bei Graz umzugestalten. Die Pfarrkirche Thal war nicht der einzige kirchliche Auftrag an Ernst Fuchs, jedoch ist sie wohl eine der eindrucksvollsten Architekturen, die heute noch von ihm erhalten und zu besichtigen ist. Basierend auf dem ursprünglichen Bau aus dem 11. Jahrhundert und um einen Neubau ergänzt, werden bestehende und neue Elemente im Innen- und Außenraum zu einem Gesamtkunstwerk. Im Rahmengprogramm organisiert die HALLE FÜR KUNST Steiermark eine Exkursion mit Architekturführung. 

 

  1. Wieland Schmied, Malerei des Phantastischen Realismus, Wien/​Hannover/​Bern 1964, S. 39 ff.