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Curt Stenvert

Curt Stenvert, Violinspieler in vier Bewegungsphasen, 1947

Öl auf Holz
119117 cm, Rahmenmaße: 121123,54 cm

Courtesy Artothek des Bundes, Dauerleihgabe im Belvedere, Wien © Bildrecht, Wien 2023 

Curt Stenvert studierte unter anderem mit den zentralen Figuren des Phantastischen Realismus in der Klasse von Albert Paris Gütersloh. Gütersloh war einer der wichtigsten Wegbereiter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, aber auch darüber hinaus eine wichtige Figur für die Avantgarde der Nachkriegszeit in Österreich. So war er kurz nach der Gründung des für die Wiener Kunstszene so wichtigen Art Club schnell zu dessen Präsidenten ernannt worden. Die legendäre Künstlervereinigung, dessen Mitglied auch Stenvert war, verzeichnete Namen wie Elfriede Gerstl, Friedensreich Hundertwasser, Maria Lassnig, Frederike Mayröcker, Arnulf Rainer oder Oswald Wiener in ihrem Register. Relativ undogmatisch standen verschiedene Ansätze nebeneinander. Dieser Zustand hielt jedoch nicht lange, es kam rasch zu ersten Austritten – auch von Seiten der Surrealisten. Dessen ungeachtet ist dieser relativ kurze Zeitraum für die Nachkriegsmoderne in Österreich extrem prägend gewesen, in der die Phantasten, die Abstrakten, die Surrealisten und die gemäßigt Expressiven gleichzeitig aktiv waren.

Man könnte sagen aus dem mit dem Art Club assoziierten Wiener Lokal Strohkoffer heraus bildeten sich die verschiedenen Strömungen der nächsten Dekaden in Kunst und Literatur. Dies gilt auch für die Phantastischen Realisten, zu denen sich Stenvert selbst nie wirklich gezählt hatte, obwohl es im Malerischen Werk sicher eine gewisse Nähe gibt. Er stellte seine Arbeiten mehrfach neben denen der Phantastischen Realisten im Rahmen der Ausstellungen des Art Clubs, wie beispielsweise in der Neuen Galerie in Linz, aus.

Seine hier gezeigte Arbeit Violinspieler in vier Bewegungsphasen von 1937 lässt nicht nur ein Interesse an der Darstellung von Bewegung erahnen, sondern folgt damit auch eher einer kubistischen Tradition in der Darstellung des Sujets. Die verschiedenen Bewegungsphasen der Figur des Musikers werden von Stenvert im Bild übereinandergelegt und miteinander verbunden. Die Figur ist während zwei Phasen in blau gehalten und während der beiden anderen in Rot. Das Halten der Violine lässt sich am Schnörkel des Knaufs und der Position des Bogens erahnen. Die restliche Bewegung des Körpers verschwimmt. Der Künstler hat den Betrachtenden eine kleine Hilfestellung an die Hand gegeben, da die vier Spielpositionen in Miniaturen ebenfalls isoliert dargestellt sind, und zwar in der rechten und linken unteren Ecke, sowie mit einer roten Figur auf Kniehöhe und einer blauen etwa auf Brusthöhe der großen Figur.

Nicht unähnlich zu anderen Avantgardisten fing Stenvert an sich für verschiedene Medien zu interessieren und begann mit Film und in der Filmbranche zu arbeiten. Dieses Interesse lässt sich schon anhand der malerischen Arbeit ablesen. Der kubistische Blick auf Gegenstände ist auch stark durch fotografische Mehrfachbelichtungen und die Erfindung des Films geprägt. Stenvert entwickelt sich zu einer zentralen Person im Kino der Nachkriegszeit. Der Linzer Filmemacher und Autor Peter Tscherkassky beschreibt den Einfluss seines Debüts wie folgt: Der Rabe, eine 13minütige Verfilmung des gleichnamigen Gedichts von Edgar Allan Poe, wird oft als Beginn der österreichischen Avantgarde gehandelt. Damals hieß das noch Außenseiterproduktion“, und tatsächlich zeigt die Arbeit von Kurt Steinwendner (alias Curt Stenvert) und Wolfgang Kudrnofsky vor allem eines: dass der Film als ein sehr persönliches, eigenständig gestaltbares Medium genutzt werden kann. Dass die Literatur damals das filmische Denken noch stark beeinflusste, ihm als Legitimation diente, belegt Der Rabe ebenfalls.“1 

Wenn man bedenkt, wie verzahnt die verschiedenen Kunstformen zu Beginn der Avantgarde waren, so verwundert es keineswegs, wie spielerisch Stenvert zwischen den verschiedenen Medien und Welten der Verwertungsbetriebe wechselt, und am Ende einen fruchtbaren Austausch generiert.

 

  1. Peter Tscherkassky, Die rekonstruierte Kinematografie. Zur Filmavantgarde in Österreich“, in: Avantgardefilm Österreich. 1950 bis heute, hrsg. von Alexander Horwath, Lisl Ponger, Gottfried Schlemmer, Wien 1995, S. 10.