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Rudolf Hausner

Rudolf Hausner, Der Abend, 1960

Tempera, Harzölfarbe auf Papier auf Holz
52 × 92 cm, Rahmenmaße: 57,397,34,5 cm (Acrylglas)

Courtesy / Foto © mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Leihgabe der Arthothek des Bundes seit 1962

Rudolf Hausner ist als eine der zentralen Figuren der Wiener Schule des Phantastischen Realismus zu nennen. Seine Verbindung zu den anderen Mitgliedern führte dabei nicht über die Akademie der bildenden Künste, sondern über den in der Nachkriegszeit so wichtigen Art Club. Sein Studium in Wien absolvierte Hausner bereits vor dem Krieg, denn er ist einige Jahre älter als Ernst Fuchs, Wolfgang Hutter, Anton Lehmden oder Helmut Leherb.

Wahrscheinlich brachte ihm dieser Altersunterschied als einzigem der Gruppe die Teilnahme an der documenta II (1959) ein. Wenn dort, wie auch in Wien als vorherrschende Form ebenfalls die Abstraktion in verschiedenen Spielformen galt, so wurden dennoch gegenständliche Arbeiten – wenn auch nicht so prominent – gezeigt. Die Maler des Informell wie auch des Abstrakten Expressionismus wurden am zentralen Spielort gezeigt, und die figürlichen Strömungen in der damals noch durch den Krieg stark beschädigten Orangerie. Also standen sich auf der einen Seite eine Hegemonie der Abstraktion mit Namen wie Jackson Pollock, Franz Kline, Mark Rothko oder Willem de Kooning in Kombination mit ihrem europäischen Pendant Wols, Willi Baumeister oder Piet Mondrian, und auf Seiten der gegenständlichen Richtung Max Ernst, Karel Appel und eben auch Rudolf Hausner gegenüber. Die gängige Rezeption der Ausstellung, sie fördere vor allem die Abstrakten und damit eben auch die USA als tonangebende Dominate, ist sicher nicht ganz falsch, wobei eben auch andere Strömungen Berücksichtigung fanden.

Im selben Jahr fand auch eine legendäre Ausstellung in der Österreichischen Galerie Belvedere statt, in deren Zuge und in Reaktion auf eine Kunstkritik von Johann Muschik der Name für den Stil des Phantastischen Realismus schlussendlich entstand. Im Folgejahr malte Hausner mit einer Mischtechnik aus Tempera und Harzölfarbe die Arbeit Der Abend (1960), welche in der Ausstellung zu sehen ist und sich heute im Besitz der Artothek des Bundes als Leihgabe am mumok – Museum der Moderne Stiftung Ludwig Wien befindet.

Die Arbeit zeigt vier geometrische Körper vor einem blau-rot-orangen Hintergrund, der durch eine Horizontlinie in zwei Flächen geteilt ist. Auch wenn die Formen der Körper relativ simpel und konstruktivistisch gehalten sind, so lassen sie sich trotzdem als Turmspitzen lesen, die nur noch in Teilen von Licht angestrahlt werden. Die gesamte Arbeit mutet wie eine Lichtstudie an, die der Künstler unternimmt, und sich so einem der klassischen Topoi der Malerei annimmt. Auch hier lässt sich wie an anderen Arbeiten der Ausstellung ablesen, wie die verschiedenen Maler ihrem eigenen Stil verhaftet blieben und sich weiterhin mit der malerischen Tradition auseinandersetzten, und entgegen der zeitgleich so wirkmächtigen Abstraktion nicht mit ihr brachen. Dies lässt sich auch an der Technik ablesen, Hausner schichtete mehrere Lasuren von Harzölfarbe übereinander und verfolgt eine nahezu altmeisterliche Handwerklichkeit, die gleichzeitig den Bildaufbau als solchen hinterfragt.

Malerkollege Arik Brauer hat diesen zeitaufwendigen Prozess, der aus bis zu zehn Schritten besteht, wie folgt beschrieben: Durch dieses lange Zusammensein entsteht zwischen dem Künstler und dem Bild eine Art Vater-Kind-Beziehung. Der Maler lernt mit der Zeit immer besser, was sein Kind braucht und was ihm schadet. Das gefürchtete Totmalentritt nur dann ein, wenn es sich von Anfang an, um eine Totgeburt gehandelt hat. […] Das gilt vor allem für den geistigen Prozess. Es geht darum das Ursprüngliche zu steigern, in die gleiche Kerbe zu schlagen.“1 Insofern legt Hausner mit dieser Arbeit einen relativ typischen Ansatz für die Schule des Phantastischen Realismus vor. Das Element des von der Realität Entrückten lässt sich in dieser Arbeit hauptsächlich über die Farbgebung der Landschaft wie der Architektur ablesen. Hier zeigt sich eine Bildgestaltung, die man als expressiv bezeichnen könnte, und die eben vielmehr von der Idee einer eigenständigen Darstellung, denn einer Abbildung getrieben ist.

 

  1. Arik Brauer, Anleitung zur Schichten-Malerei“, in: Die Phantasten, hrsg. von Gesellschaft bildender Künstler Österreichs, Ausst.-Kat. Künstlerhaus Wien, Wien 1990, S. 99.