Barbara Kapusta
Ein zentrales, wiederkehrendes Element in der Praxis von Barbara Kapusta (*1983 Lilienfeld, lebt in Wien) ist die Verschränkung der zunehmend unter Druck stehenden Subjekte, und gerade ihrer Körper, mit dem Akt des Sprechens. Durch die Übersetzung jener Körper in den digitalen Raum einerseits und deren Darstellung als Keramikobjekte andererseits stellt die Künstlerin unterschiedliche Rezeptionsräume her, die sie in ihren Installationen zusammenführt.
Die Videoarbeit Emphatic Creatures (2018) zeigt eine simulierte Landschaft, die von vier synthetischen Körpern bewohnt wird, deren optische Beschaffenheit an Oberflächen von Metall oder Latex erinnern. Es entsteht der Eindruck einer bodenlosen Weite, in der sich die körperlichen Entitäten zusammenfinden, nachdem jegliche gesellschaftliche Systeme zusammengebrochen sind. Die Wesen scheinen zutiefst auf Verbundenheit und Austausch angewiesen, während sie gleichzeitig ängstlich wirken und um die Entwicklung einer neuen Form der Gemeinschaft ringen.
Wie leben diese Wesen zusammen? Und wie kommunizieren sie? So sehr die Künstlerin ein Bild von Gebrochenheit und Verzweiflung beschreibt, so spricht sie auch von Zärtlichkeit, Sanftheit und Nähe. Im Mittelpunkt steht der fragmentierte Körper, mit seinen Sehnsüchten und Grenzen, mit seiner Traurigkeit und Brutalität. Der amorphen, nicht eindeutig bestimmbaren Materialität jener Körper wird eine queere Handlungslogik einverleibt, die konventionelle Repräsentationen von Körperlichkeit aufbricht und Vielfalt und Verletzlichkeit zu den Grundlagen einer neuen Gesellschaft werden lässt. Kapusta thematisiert in ihrem Werk die Verwerfungen unserer körperlichen Anwesenheit und entzieht sich der Darstellung des Körpers mit seinen gängigen Zuschreibungen. Die beschriebenen Körper weigern sich, als gut oder schlecht identifiziert zu werden und entziehen sich stattdessen jedem Versuch, Identität festzuschreiben.
Zu sehen sind mehrere skulpturale Körperfragmente, Hände und Arme, die an die Ursprünglichkeit von Sprache erinnern, welche sich durch Gebärden gebildet hatte.
Obwohl die Objekte Fragmente von Körpern darstellen wirken die Elemente nicht isoliert, sondern existieren nur im Verhältnis zueinander und scheinen auf etwas zu warten oder nach etwas zu greifen. Die Körperteile tragen Titel wie Leaking Body, Open Body oder Anxiously Leaking und schreiben die Körper in ein Verhältnis der Öffnung und Verflüssigung ein.
Die skulpturalen Teile grenzen sich einerseits nur wenig von der räumlichen Situation ab, vor allem auch deswegen, weil sie keine Sockel besitzen und unmittelbar in den Boden übergehen, worin sie keine Hierarchie zwischen Raum und Objekt entstehen lassen, sich aber klar durch ihre Metalllegierungen, die den Werken eine futuristische Ästhetik verleiht, von der Umgebung abgrenzen.
Im Zentrum des Interesses von Kapusta steht die Haut in ihrer Funktion als Membran, als Zone der Durchlässigkeit. Die Membran ermöglicht einen Austausch zwischen den Körpern und ihrer Umwelt, was Gemeinschaft auf der Basis geteilter Erfahrungen verspricht, aber auch die Gefahr der Kontamination.
Kapusta reflektiert die Durchlässigkeit dieser hautförmigen Grenze also aus der Sicht eines kollektiven Körpers. Es geht dabei um die gemeinsamen Erfahrungen, die wir teilen. Die Risiken dieser Durchlässigkeit werden von ihr ins Verhältnis mit grenzüberschreitenden Phänomenen wie den kapitalistischen Warenströmen und die vom Menschen verursachten ökologischen Krisen gebracht. Die Arbeiten von Kapusta sind an Fragestellungen gekoppelt wie beispielweise die Berücksichtigung von Durchlässigkeit und Versehrtheit im gesellschaftlichen Kontext dazu beitragen kann neue Formen des gemeinsamen ethischen Handelns zu finden.
Barbara Kapusta
nutzt als ein zentrales, wiederkehrendes Element in ihrer Praxis die Verbindung des Körpers mit Materialität und Sprache.
Ihre Objekte, Filme, Performances und textbasierten Arbeiten wurden zuletzt u.a. gezeigt bei Gianni Manhattan, Wien; ACF London, London; Kunstraum London, London; Kunsthalle Wien, Wien; Vis Hamburg, Hamburg; Ashley Berlin, Berlin; KUP, Athen; 21er Haus Wien, Wien; Beautiful Gallery, Chicago und dem mumok cinema, Wien.
Ihre jüngste Publikation Dangerous Bodies ist 2019 bei Gianni Manhattan Wien und Motto Books, Lausanne, Berlin erschienen.