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Franz West

Epiphanie an Stühlen, 2011

Skulptur: Stahl, PU-Schaum, Gaze, Dispersion
Stühle: Stahl, Holz, Bambus, Leinen
Installation, variable Maße

© Archiv Franz West, © Estate Franz West; Courtesy Franz West Privatstiftung, Wien; Foto: kunst​-doku​men​ta​ti​on​.com

Franz West (*1947 Wien, †2012 Wien) ist vor allem für seinen bedeutungsoffenen Umgang mit dem Medium der Skulptur und ihrer Installation bekannt. Er verfolgte einen auf Partizipation ausgerichteten Ansatz, der den Kontext der Werke und vor allem die Reaktion der Betrachter_​innen als zentrale Teile ihrer Rezeption versteht. West pflegte einen philosophisch-spielerischen und humorvollen Umgang mit der Skulptur, der sich auch auf weitere künstlerische Felder auswirkte.

Betrachtet man das Werk Epiphanie an Stühlen (2011) so scheint sich Wests offener Umgang mit den Bedingungen der Skulptur förmlich aufzudrängen. Die Besucher_​innen sehen sich einem grotesk anmutenden Objekt gegenüber, das keinen Sockel aufweist und jeder klassischen Beschreibung einer Skulptur spottet. Es handelt sich dabei um ein kugelförmiges Wesen in pinker Farbe, welches über dem Boden des Ausstellungsraumes schwebt und sein Volumen durch fühlerartige Stränge ausweitet. In seiner ursprünglichen Version waren die Besucher_​innen aufgefordert sich auf zwei Stühle vor das Objekt zu setzen, was wiederum für andere von außen betrachtet ein skurriles Bild ergab.

Franz West greift durch den Titel seiner Arbeit den Begriff der Epiphanie“ auf. Die Epiphanie bezeichnet den Moment der Offenbarung, wenn das Göttliche durch eine bestimmte Form in der wahrnehmbaren Welt materiell in Erscheinung tritt. Umgekehrt entwickelte sich seit der griechischen Antike durch das Denken Platons die Vorstellung, dass aufgrund der Formschönheit der Dinge die Idee des Guten zum Ausdruck kommt. Das Schöne soll demnach zum moralischen Verhalten erziehen. Diese Idee wurde durch den deutschen Idealismus und die Aufklärung aufgegriffen und übertrug sich als Anforderung auf die Gestaltbildung in der Skulptur.

West knüpft an solcherart Vorstellungen an und kreiert eine absurde Situation, in welcher der Anspruch auf göttliche Größe, Schönheit und moralische Führung mit einem skurrilen Wesen zusammentrifft. Das Wesen erinnert an ein mikrobiologisches Teilchen, also an etwas sehr kleines, dem eine unnatürliche Größe und Bedeutung zugesprochen wird. Es ist nicht im klassischen Sinne schön, hat aber gleichzeitig etwas Erhebendes“ an sich und das nicht nur aufgrund der Hängung. West eröffnet uns einen humorvollen Umgang mit dem Pathos der Epiphanie und der Ebene des Banalen. Die Epiphanie spielt demnach mit dem uralten Wunsch der Götter ansichtig zu werden, womit der an Ludwig Wittgenstein interessierte West wie mit einem skulpturalen Sprachspiel lustvoll und abwegig arbeitet. Schließlich lässt er eine pinke Gottheit viral werden. Diese Sichtweise erhält durch den ursprünglichen Arbeitstitel Sputnik weitere Aktualität, die uns stärker an einen Himmelskörper und dessen kommunikative Fähigkeiten und plastische Form denken lassen.

Franz West

*1947 Wien, †2012 in Wien

zeigte seine Arbeiten unter anderem in Soloausstellungen in der Tate Modern, London; am Centre Pompidou, Paris; im 21er Haus, Wien; an der National Gallery, Prag; im Oberen Belvedere, Wien; am Mumok, Wien; im Belvedere 21, Wien; am Museum für Moderne Kunst, Frankfurt; im Madre Napoli, Neapel am Museum Ludwig, Köln; am Museo Rufino Tomayo, Mexico City; im MAK Wien; im Place Vendôme, Paris; in der Whitechapel Gallery, London; am Kunsthaus Bregenz, Bregenz; in der Galerie Christian Nagel, Berlin; in den Deichtorhallen, Hamburg und auf der 44. Biennale di Venezia, Venedig.

Werke des Künstlers wurden in Gruppenausstellungen im Museum der Moderne, Salzburg; am Centre d’Art Contemporain, Brüssel; im Kunsthaus Graz, Graz; auf der 57. Biennale di Venezia, Venedig; am 21er Haus, Wien; am Kunstmuseum Basel, Basel; am Astrup Fearnley Museet, Oslo; in der Liverpool Biennial 2010, Liverpool; am MoMA, New York; in der Royal Academy of Arts, London; in der documenta X, Kassel; in den Deichtorhallen, Hamburg; und an der Serpentine Gallery, London, gezeigt.