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Ernsthaft?! – Intro

Bild: Adrien Rovero, Anne Stock; bearbeitet von HALLE FÜR KUNST Steiermark

Eine der wichtigsten Haltungen oder Gefühle, die der modernen und zeitgenössischen Kunst zugrunde liegen, ist die enthusiastische Peinlichkeit. In der Moderne, seit dem 19. Jahrhundert im Allgemeinen und den klassischen Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts im Besonderen, ist eine ganz spezifische Dialektik am Werk: auf der einen Seite kühne Innovationen, radikale Negation und ästhetische Dogmen – auf der anderen Seite aber auch eine bestimmte Art des Lachens, welches die Grundlage für die Entstehung dieser Ausstellung bildete. Es ist ein Lachen, das Spaß macht und gleichzeitig – ohne nur skandalisieren zu wollen – Konservatismus, Bigotterie, überkommene Moralvorstellungen und nicht zuletzt avantgardistische Dogmatismen untergräbt. Indem es sich dem Gebrauch der Kultur zur Einschüchterung und zur Sicherung unverdienter Privilegien widersetzt, zeigt dieses Lachen, wie die Autorität ihren Halt verliert, wie die pompöse Geste und das Bild des Helden entwertet werden.


Enthusiastische Peinlichkeit oder Unbeholfenheit ist bis in die Gegenwart hinein die Grundlage vieler Kunstwerke und reicht ins 19. Jahrhundert, wenn nicht viel weiter zurück: Wir finden sie in der Literatur (von Aristophanes über Villon und Rabelais bis hin zu Cervantes, Swift und Voltaire); in den verkehrten Welten des Karnevals seit dem Mittelalter (wo soziale Rollen für eine kurze Zeit des Feierns umgekehrt oder sogar aufgehoben und verspottet werden); gelegentlich in der Kunst der frühen Neuzeit (etwa in den Werken von Hieronymus Bosch, und besonders bei Pieter Bruegel dem Älteren); und im Aufkommen der modernen Karikatur und des satirischen Cartoons.


Ernsthaft?! legt Wert auf Experimente und eine aktive, undogmatische Kommunikation nicht nur in den Werken, sondern in der Struktur des gesamten Projekts. In diesem Sinne impliziert die Ausstellung als ästhetische Praxis eine bewusste Form der Intuition, die das Risiko von Bedeutungsambivalenzen und Missverständnissen eingeht. Eine Philosophie, die den intellektuellen Geist kitzelt, sich aber dem formalistischen Intellektualismus widersetzt.


In der Ausstellung werden zuweilen herausfordernde Arbeiten gezeigt, die eine Vielzahl künstlerischer Strategien umfassen und von historischen/​modernen Werken bis hin zu neuen Produktionen reichen. Der Logik eines B‑Movie-Storyboards folgend, ist die Ausstellung selbst wie ein begehbarer Film konzipiert: mit einer Eröffnungsszene, gefolgt von verschiedenen Akten“ oder Kapiteln“. In Bezug auf die Präsentation besteht die Hauptidee darin, eine Umgebung zu schaffen, die die Betrachter*innen durch sechs verschiedene Kapitel der Haupterzählung führt.


Dieses Ausstellungsprojekt wurde von Jörg Heiser und Cristina Ricupero initiiert und konzipiert.