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I
Thermenlandschaft

Caroline Mesquita, Foule, 2024

Patinierter Messing
80 × 120 cm

Foto: Jean-Christophe Lett

Wie der Titel Verdet Bath ihrer Ausstellung schon suggeriert, schafft Caroline Mesquita eine Thermenlandschaft in der HALLE FÜR KUNST Steiermark, in der ihre patinierten Skulpturen in einer erstaunlich lebendigen, nahezu tanzenden Anordnung zueinanderfinden. Mesquita referiert hier auf die Badekultur, deren Ursprünge in Europa in der Antike liegen, als öffentliche Thermen nicht nur dem Zweck der Reinigung sowie der Hygiene, sondern auch eine wesentliche soziale Funktion hatten, der Vergnügung dienten und als Orte der Zusammenkunft galten.

Bereits um 2000 vor Christus existierten auf der Insel Kreta private Badeeinrichtungen und eine funktionierende Kanalisation. So wird in dem im 8. Jahrhundert v. Chr. verfassten Epos Die Odyssee, das die abenteuerliche Heimreise des Königs von Ithaka aus dem Trojanischen Reich erzählt, in vielen Versen die Relevanz der Reinigung mit Wasser in Form eines Bades für die Griechen erwähnt, beispielsweise wie Odysseus ein Bad vorbereitet bekommt, bevor er speist. Zahlreiche Textstellen thematisieren auch rituelle Waschungen vor Gebeten und Opferritualen sowie die Geste, Gästen bei der Ankunft ein Bad anzubieten. Ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. verbreiteten sich dann auch öffentliche Badeanstalten in den griechischen Städten.

Nach dem Vorbild der Griechen spielte Hygiene auch in der späten Republik des Römischen Reiches eine wesentliche Rolle und der Bau öffentlicher Bäder begann spätestens in der Mitte des 2. Jahrhunderts, die über die erste große Wasserleitung der Welt, Aqua Appia, betrieben wurde. Allein in Rom gab es so um 400 n. Chr. elf solcher öffentlich zugänglichen Badeanstalten, die als thermae bezeichnet wurden. Darüber hinaus wurden aber auch noch über 850 private Bäder gezählt. Mit dem Niedergang des Römischen Reiches sowie der Zerstörung der Kanalisation durch die Goten im Jahr 536 verschwanden auch allmählich die Bäder in Europa, während sie im Byzantinischen Reich, auch bekannt als Hammam, erhalten blieben, die auch noch heute ein wichtiger Bestandteil der Bade- und Körperkultur im Maghreb und in der Türkei sind.

Mesquitas zehn Meter langer und vier Meter breiter Swimmingpool im Saal der HALLE FÜR KUNST ist einer solchen Badelandschaft in Form eines Sockels nachempfunden: es handelt sich um einen sozialen Ort der Zusammenkunft. Die darin versammelten Figuren sind in einem gemeinsamen Raum des Erlebens, sie scheinen miteinander zu interagieren, ohne dabei die gleiche Sprache zu benötigen.

Mesquitas Skulpturen aus Kupfer- und Messingplatten, die sie mittels verschiedener Techniken, wie etwa Verformen, händischen Falten, Quetschen und Hämmern herstellt und anschließend mit Ammoniak, Chloriden, verschiedenen Säuren oxidieren lässt, nehmen nicht nur eine besondere Färbung an, sondern werden so zu ihren charakteristischen Figurinen: teilweise roboterähnlich anmutend oder Tiere, vor allem Vögel und Katzen, die sie immer auch anthropomorphisiert, indem sie etwa eine Brille erhalten. Zugleich sind die Skulpturen autonome Gebilde, die einem stetigen Verwandlungsprozess über die Oxidation der Metalle mit der Luft und ihrer Patinierung ausgesetzt sind. In der Ausstellung steht vor allem die bläulich-grünliche Patina im Vordergrund, die der Farbe des Wassers nachempfunden ist. Die natürliche grüne Patina, die durch Witterung entsteht, fungiert nicht nur als Namensgeber über den alten alchemischen Begriff Verdet, sondern zieht sich auch durch eine Vielzahl der Skulpturen sowie die bildlichen Darstellungen. Mesquitas Skulpturen zeichnen sich durch eine multiple Performativität aus, deren Identität qua Materialität und Kontextualisierung wandelbar, vielseitig und nicht fixierbar ist. So bilden die Werke in ihrer Zusammenstellung und Anordnung eine für den Raum erarbeite Szene, die sowohl auf eine aktuelle Gruppe von Arbeiten, als auch eine Gruppe von Skulpturen, die bereits vor acht Jahren entstanden sind, zurückgreift.

Das Ausstellungsgefüge dient der Künstlerin als ein theatralischer Bühnenort, mittels dessen eine Atmosphäre geschaffen wird, die Raum und Zeit verschwimmen lassen. Ähnlich wie in einer Thermenlandschaft des Römischen Reiches, oder auch ganz zeitgenössischen Varianten von Badelandschaften erstreckt sich ihre Installation über das gesamte Obergeschoss der HALLE FÜR KUNST Steiermark, denn so befinden sich im Nebenraum Umkleidekabinen und in der Apsis ein Brunnen, der traditionellerweise auch dem Kühlen etwa von Füßen diente.

Els, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
175 × 55 × 60 cm

Charmant, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
175 × 55 × 60 cm

Lotte, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
175 × 55 × 60 cm

Kevin, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
175 × 55 × 60 cm

Carolus, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
160 × 60 × 60 cm

Adam, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
160 × 55 × 60 cm

Amber, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
160 × 55 × 45 cm

Richard, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
160 × 55 × 45 cm

Kaspar, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz 
160 × 55 × 45 cm

Gentille, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
160 × 55 × 45 cm

Erik, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz 
160 × 55 × 45 cm

Captain, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
160 × 55 × 45 cm

Billard, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
175 × 55 × 60 cm

Divine, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz
175 × 55 × 60 cm

Yoan Bulle, 2016
Messing, oxidierter Messing, Farbe, Harz 
160 × 80 × 60cm

Moineau noir (géant), 2024
Patinierter Messing
180 × 120 × 140 cm

Moineau bleu, 2024
Patinierter Messing 
90 × 40 × 50 cm

Main, 2021
Patinierter Messing 
205 × 70 × 30 cm

Whitney, 2021
Patinierter Messing
165 × 55 × 60 cm

Félin bleu, 2024
Patinierter Messing
180 × 40 × 50 cm

Grue noire, 2024
Patinierter Messing
195 × 60 × 110 cm

Foule, 2024
Patinierter Messing
80 × 120 cm

Personnage seul, 2024
Patinierter Messing 
56,5 × 44 cm

Clé, 2024
Patinierter Messing 
56 × 44 cm

Bain de nuit, 2024
Patinierter Messing
48 × 56 cm 

Bain de jour, 2024
Patinierter Messing
48 × 56 cm