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Intro
Caroline Mesquita

Caroline Mesquita, Source (Detail), 2024

Foto: Jean-Christophe Lett

Für ihre erste institutionelle Ausstellung im deutschsprachigen Raum baut die französische Künstlerin Caroline Mesquita eine Gesamtinstallation in Form eines Schwimmbades in die HALLE FÜR KUNST Steiermark und lässt ihre humoristischen Skulpturen aus Tieren, aber auch menschen-ähnliche sowie technisch und robotisch anmutenden Charaktere in eine theatralische Anordnung treten, die herkömmliche Vorstellungen davon, wie Tier respektive Natur und Mensch unter dem Zeichen technologischer Erneuerung zusammenleben, von Grund auf reformieren.

Mesquita arbeitet zunächst installativ und schafft vor allem abstrakte Skulpturen und zweidimensionale Arbeiten, auf denen Umrisse von Menschen zu sehen sind. Diese Figuren fangen in mehreren frühen Arbeiten an, sich aus dem Bild in den Raum zu bewegen und sich wortwörtlich zu erheben. Sie schälen sich geradezu aus der Fläche und dem Material. In ihrer Praxis kombiniert Mesquita die Materialität ihrer transformierten, oxidierten und bemalten Messing- und Kupferplatten mit exzentrischer und bühnengerechter Unbeschwertheit: Ihre metallurgischen Experimente resultieren nämlich in lebensgroßen und aus Blech geformten Skulpturen. Es wirkt fast, als würde sie die Konturen von konkreten Räumen aufgreifen und diese bildhauerisch in ihre Charaktere übersetzen.

Das Experimentieren mit verschieden Arten von Patina zieht sich durch die Praxis der Künstlerin, wodurch ihre Skulpturen verschiedenste Farben annehmen, insbesondere aber diese bezeichnende grün-graue, die man auch auf Dächern und Skulpturen des öffentlichen Raums findet und auf die sich ihr Titel bezieht, den Grünspan. Diesen erweitert sie um Rosa‑, Gelb- und nun auch Blau- und Schwarztöne in ihrer Farbpalette. Es sind jene Farben, die ihre Wesen anthropomorphisieren und Bewegung in die Installationen aus metallischen Figurinen bringen.

Insgesamt geht es Mesquita nie um das Darstellen von Individuen oder individuellem Erleben, sondern das von Gruppen und wie in Gemeinschaften bestimmte Situationen und Erfahrungen erst erzeugt werden können. Dabei stellt sie in ihren Arrangements die Frage, wie Zusammenkünfte überhaupt stattfinden. Mit ihren Wesen, in die keine bestimmte Geschlechtszugehörigkeit hineingelesen werden kann, möchte sie auch eine Vervielfältigung von Gesten erreichen, die durch das Zusammentreffen verschiedener Individuen erst zustande kommen. Über das Kreieren von Gruppen und Gemeinschaften erreicht sie es nämlich erst, ganz neue Geschichten und Narrative zu erzählen. Schließlich ist sie versucht, Dialoge darzustellen und beginnt dabei Filme mit ihren Skulpturen und sich selbst als Protagonistin zu drehen, in denen diese zum Leben erwachen und die Künstlerin selbst ganz verschiedene Identitäten annimmt. Ihre Wesen treten so in teils zärtliche Beziehung zu ihr, können ihr gegenüber aber auch gewalttätig werden.

Inspiriert ist ihre Praxis nicht nur von Filmen etwa von Regisseur:innen wie Éric Rohmer (1920 – 2010), einem der Gründerväter der sogenannten Nouvelle Vague, eine prägende Stilrichtung des französischen Kinos, die insbesondere in ihrer zweiten Phase in den späten 1950er-Jahren große Bekanntheit erlangte sowie dem einflussreichen Hollywood-Regisseur und Choreographen Busby Berkeley (1895 – 1976) und dessen musikalischen Produktionen, bei denen er eine große Anzahl von Tänzer:innen als geometrische Elemente einsetzte und diese filmisch dokumentierte, sondern auch vom Tanz selbst und Choreograph:innen wie der US-Amerikanerin Isadora Duncan (1877 – 1927), die auch als Mutter des modernen Tanzes betitelt wird. Aber auch der Dadaismus und insbesondere Sophie Taeuber-Arp sowie deren konkret, rhythmisch-geometrische Formsprache sind eine Inspiration für sie. Genau jene Ausgangspunkte sind es, die die Interdisziplinarität erzeugen, auf die Mesquita referenziert und die ihre Praxis ausmachen, indem sie mit der Modeindustrie und Protagonist:innen wie Hermès kooperiert, zugleich spartenübergreifend arbeitet und auf der Basis ihrer Landschaften aus Skulpturen auch Filme produziert, in denen sie selbst oft als Protagonistin auftritt, aber auch anderen Schauspieler:innen in Interaktion mit ihren Objekten eine Bühne bietet.

Caroline Mesquita spielt in der Ausstellung Verdet Bath auch mit der Architektur des Gebäudes: Ihre Installation, die sich über die Räume des Obergeschosses erstreckt, wird vom natürlichen Licht beleuchtet, das durch die Oberlichtdecke der HALLE FÜR KUNST strahlt und so auch gleichzeitig in ihrem Swimmingpool reflektiert.