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Future of Melancholia
Gallery-Legacy of Milica Zorić & Rodoljub Čolaković, Museum of Contemporary Art Belgrade
21.3.–4.5.2025

Ausstellung

Kooperation: Museum of Contemporary Art, Belgrade & HALLE FÜR KUNST Steiermark, Graz 
Kurator: Sandro Droschl; Koordinierender Kurator: Miroslav Karić

Gallery-Legacy of Milica Zorić & Rodoljub Čolaković
Museum of Contemporary Art, Belgrade (MoCAB)
Rodoljuba Čolakovića 2, 11000 Belgrad

Kamilla Bischof, Flora Hauser, Katharina Höglinger, Ernst Yohji Jaeger, Nanna Kaiser, Matthias Noggler, Maruša Sagadin, Anna Schachinger, Klaus Schuster, Lisa Slawitz, Susanne Wenger

Pressegespräch: 6.3.2025, 17:00 Uhr
Artist Talk: 8.3.2025, 12:00 Uhr

Online-Guide 

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Susanne Wenger, Traumgesichte: Der wilde Stier (Dream Visions: Wild Bull), 1943/44

Buntstiftzeichnung auf Papier
31 × 22 cm

Courtesy Susanne Wenger Foundation, Krems

Text

Die Ausstellung Future of Melancholia in der Gallery-Legacy des MoCAB zeigt neben der Grazer Surrealismus-Pionierin Susanne Wenger, die auch Teil der 60. Biennale in Venedig war, eine Auswahl herausragender zeitgenössischer österreichische Künstler:innen, deren mitunter neo-surrealistische Werke teils auch an das Erbe Wengers anknüpfen.

Die Gallery-Legacy von Milica Zorić und Rodoljub Čolaković dient als Ausstellungsort: Das großzügige Gebäude, das sich in einem gehobenen Wohnviertel am Stadtrand von Belgrad befindet, wurde 1936/1937 als zweistöckige Villa mit gestaltetem Außenbereich im Geiste der modernistischen Architektur der 1930er-Jahre errichtet. Von 2007 bis 2010 wurde das ehemalige Wohnhaus der Künstlerin Milica Zorić und des jugoslawischen Politikers und Schriftstellers Rodoljub Čolaković umgebaut und renoviert und ist seit seiner Wiedereröffnung Teil des Museums für zeitgenössische Kunst in Belgrad. Zoran Radojičić, der für die Umgestaltung verantwortliche Architekt, ließ sich von der Geschichte des Hauses und den musealen Anforderungen inspirieren, so dass die Ausstellungsräume nun einem adaptierten White Cube entsprechen.

Im Erdgeschoss sind zwei Werkgruppen der 1915 in Graz geborenen Susanne Wenger zu sehen: eine Gruppe von Buntstiftzeichnungen namens Traumgesichte aus 1943/44, die hybride, anthropomorphisierte Tiere abbilden, sowie ihre Serie Icons of Great Sadness, Ölbilder der 1990er-Jahre mit surreal-melancholischen Entwürfen, teils nahezu geometrischen Formen sowie gespenstischen Wesen, die mit speziellen Eisenrahmen ummantelt sind. Wenger ist eine Meisterin der spekulativen Fabulation, indem sie zwischen Ernst und Humor oszillierend, fantastische Welten schafft, die ästhetische Lösungen zu den Zweifeln gegenüber der Moderne sowie des Diesseits präsentieren und einerseits positive, aber auch negative Emotionen generieren.

Im ersten und zweiten Stock des Ausstellungshauses werden Arbeiten aktueller österreichischer Künstler:innen gezeigt, die im Dialog mit Wenger multiple Perspektiven auf die Thematik der Melancholie und die Nostalgie richten und eine Sicht in phantasmagorische, surreale Innenwelten offenbaren. Ihnen ist gemein, dass sie nicht nur jeweils ein ganz eigenes Narrativ eröffnen, sondern auch den Mut haben, neue Wege zu beschreiten. Die gezeigten Positionen können als eine Reaktion auf die derzeitigen populistischen globalen Entwicklungen und so als eine Rückkehr ins Private, als eine Introspektion verstanden werden. Es handelt sich um Visualisierungen von melancholischen Empfindungen und Gefühlen, um träumerische wie zukunftsweisende Motive in unruhigen Zeiten.

Mit ihrem phantastisch subversivem Mobilar entwirft Maruša Sagadin humorvolle Interventionen, deren ambivalent melancholische Elemente ähnlich einer Einrichtung in der Architektenvilla auftauchen. Träumerisch fantasievoll, auch teils mit Bezügen zum Jugendstil und mit Hinwendung zu übernatürlichen Wesen entfaltet sich die feingliedrige, textile (Hand-)Arbeit von Flora Hauser auf nahezu epische und darin zeitlose Art und Weise. Poetisch und surreal entwickelt sich die Praxis von Kamilla Bischof, in der es rund um eine Fahrt auf einem Motorroller ein stetiges Zirkulieren von Figur und Grund gibt. Anna Schachingers großformatige Malerei mit ihren skizzierten Körpern und Figuren, die teilweise mehrere Gesichter haben, erzeugt mittels narrativer Überlagerungen einen Zyklus aus Spannung und Entspannung, der für unsere Zeit symptomatisch ist. Fast gespenstisch und verlassen wirken dagegen Klaus Schusters Räume und Figuren, dessen narrativ melancholische Arbeiten wahrnehmungsbezogene Fragestellungen aufgreifend, die Dualität von Abwesenheit und Sichtbarkeit verhandeln. Ähnlich zu Wenger, jedoch stilistisch anders umgesetzt, malt Lisa Slawitz freundliche, fabulative Wesen mitunter überdimensional auf Stoffe und Leinwände und so Situationen von Protagonist:innen, denen etwas wiederfährt. Katharina Höglingers abstrahierte Gesichter scheinen in ihrer abstrakten Umwelt aufzugehen und so die Frage einer fundamentalen, mystisch-transzendierenden Wahrheit neu zu stellen. Während Ernst Yohji Jaegers malerische Darstellungen androgyner Figuren, die in ihren eigenen Innenwelten gefangen zu sein scheinen, nicht nur ein Gefühl von Einsamkeit und des Jenseits vermitteln, sondern auch von westlicher und fernöstlicher Ikonographie gleichermaßen inspiriert, Vanitas-Motive aufgreifen. Nanna Kaiser wiederum schreibt sich mit ihrer Malerei in das penibel ausgeschlachtete Interieur von hochpreisigen Automarken ein und hinterfragt so nicht nur Konventionen, sondern auch den psychologischen Makel des Kapitalismus samt seiner verheerenden Auswirkung. Eine Perspektive hin zu einer offeneren Zukunft, die sich in unendlicher Verschachtelung aus einer abstrakt geometrischen Formsprache, aber auch figurativ im gesellschaftlich kommunikativen Bereich entwickelt, hält Matthias Noggler bereit.

Allegorien auf das Surreale und die Nostalgie scheinen hier einen Ausweg aus bedrückenden Gefühlswelten zu sein und eben in eine bessere Zukunft zu weisen. Denn obgleich uns selbst die Zukunft oft als ein verworrenes Konzept erscheint, das sich auch auf Grund der digitalen und mobilen Beschleunigungen und der politischen Weltlage als kaum vorhersehbar erweist, sind den melancholischen Vorstellungswelten keine Grenzen gesetzt. Dabei werden Tendenzen abseits einer einfach erkennbaren Logik in den Blick genommen, die sich über Grenzen hinweg mit anderen Künstler:innen verbinden, in Kontakt treten und so zu supranationalen, multilateralen Dialogen beitragen und nicht nur in künstlerischer Hinsicht, sondern auch politisch nahezu wieder als Avant-garde bezeichnet werden können, um aus den nachdenklich machenden, mitunter surrealen Potentialen der Melancholie heraus ungewohnt neue Wege einzuschlagen.

Future of Melancholia ist eine Kooperation des Museum of Contemporary Art in Belgrad und der HALLE FÜR KUNST Steiermark. Die Realisierung des Gesamtprojektes wäre nicht möglich ohne die großzügige Unterstützung der Steiermärkischen Landesregierung, des Österreichischen Bundesministeriums für Europäische und Internationale Angelegenheiten (BMEIA), der Serbian Academy of Sciences and Arts (mit Senior Curator Žaklina Marković) und des Ministeriums für Kultur der Republik Serbien. Das gesamte Projekt steht im Zusammenhang mit der Initiative Imagine Dignity – Laboratories Of Hope: Regenerating Democratic Prosperity des BMEIA/​Sektion V – Internationale Kulturangelegenheiten.

Insgesamt dient das Projekt dem vertieften Austausch und der kulturellen Verständigung zwischen Serbien, Österreich und der Steiermark hinsichtlich eines gemeinsamen Europas, und gibt einen dialogischen Einblick über das aktuelle Kunstgeschehen der benachbarten Länder.

Future of Melancholia
Weitere Ausstellungsorte:

Philipp Timischl: Molded
8.3. – 4.5.2025
Salon of the Museum of Contemporary Art, Belgrade (MoCAB)
Pariska 14, 11000 Belgrad

Future of Melancholia
22.3. – 8.6.2025
HALLE FÜR KUNST Steiermark (HK Styria)
Burgring 2, 8010 Graz

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Diese Ausstellung wird unterstützt von

  • Museum of Contemporary Art, Belgrade (MoCAB)
  • Land Steiermark, Kultur, Europa, Sport
  • Federal Ministry of the Republic of Austria for European and International Affairs
  • Republic of Serbia, Ministry of Culture
  • Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport