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Diego Bianchi:
Errores Irreales
25.10.2025–18.1.2026

Ausstellung

Performance

Diego Bianchi (*1969 Buenos Aires, lebt in Buenos Aires) gilt als eine der zentralen künstlerischen Positionen Argentiniens und hat insbesondere den Begriff der Skulptur aktualisiert. Für seine installative und performative Ausstellung Errores Irreales in der HALLE FÜR KUNST Steiermark versammelt Bianchi eine Auswahl seiner mit dem Körperbegriff spielenden Skulpturen, um sie in einer eigens dafür geschaffenen Architektur auch performativ zu aktivieren. Für die aufwendige Herstellung seiner verstörend und empfindsam wirkenden Plastiken verarbeitet Bianchi neben herkömmlichen Materialien auch ausrangierte und im Stadtraum von Buenos Aires, Paris sowie in Graz gefundene Objekte: Das können unscheinbare, kleinteilige Dinge sein, die vermeintlich keinen besonderen Wert oder Bedeutung haben, aber auch Autoteile, Metalle, Kunststoffe und Mode. Daraus entsteht eine bühnenbildhafte Landschaft aus Skulpturen und installativen Interventionen, die verstörend und stylisch zugleich mit dem Körperlichen und dem quasi Organisch-Innerlichen spielt. In verschiedenen, sich überlagernden Settings – zeitweise auch von Performer:innen aktiviert – entsteht ein nebulöses Ganzes“, das paradigmatisch für die Zeit ist, in der wir leben. Dabei bedient sich Bianchi des Humors als einer subversiven Strategie, um der Tragik des Daseins samt all der derzeitigen Krisen mittels eines utopisch abgründigen Szenarios etwas entgegenzusetzen. 

Zur Eröffnung und an ausgewählten Terminen wird eine eigens choeografierte Performance aufgeführt.
Performer:innen: Shiva Abossedgh, Sam Beukeboom, Barbara Eglseer, Gea Gračner, Reina Harriet Gujer, Anna Mayor, Jonas Meiberg, Mariella Müller, Laci Sárkány und Emilie Willner.

Kuratiert von Sandro Droschl

Online-Guide 

Ansichten

Diego Bianchi, Accessory Body, 2022

Semi-softe Skulptur, Schaum, Eisen, Stoff, Pigmente, Lack und Sneaker
ca. 150 × 120 × 100 cm
Courtesy der Künstler und Galerie Jocelyn Wolff, Paris

Foto: Gustavos Sosa Pinilla 

Text

Der Körper“ steht unter Druck. Nur wenig ist uns so wesentlich und nahe, gleichzeitig gestaltbar und verletzlich, wie die Idee und Substanz des Körpers. So wundert es kaum, dass nicht nur seine Wahrnehmung und Interpretation so vieldeutig und umstritten ist, vielmehr ist es seine Darstellung als Plastik, deren traditioneller Begriff hinsichtlich Materialität, Formbarkeit, Hybridität und Fluidität es neu zu fassen gilt. Hier liegt es nahe, andere Wege einzuschlagen, um dem aktuellen Körpergefühl und seinen diversen Interpretationen auch plastisch“ besser entsprechen zu können.

Bianchi‘s großformatige und immersive skulpturale Installationen interpretieren den Begriff der Plastik und des Torsos neu, indem er den unter mannigfaltigem Druck stehenden menschlichen Körper in seiner Sensibilität und Bedrängnis ernst nimmt und dessen Darstellung überarbeitet. Dabei spielt auch die Stellung des Körpers in der Gesellschaft und die erhöhten Anforderungen in der heutigen Zeit, denen er ausgesetzt ist, eine wesentliche Rolle – auch in biologischer und technologischer Hinsicht. Indem Bianchi vordringlich mit vorgefundenen Objekten aus seiner Umwelt arbeitet, lenkt er die Aufmerksamkeit auf den Exzess und die Verschwendung der Konsumkultur unserer Gegenwart.

Wie der Titel Errores Irreales suggeriert, unternimmt Bianchi hier den Versuch, vermeintlich gegensätzliche Welten überlappend und miteinander interagierend in einer unwirklichen und verfremdeten Szenerie zusammenzubringen. Dort tauchen Fragmente von Schaufensterpuppen und Konsumgütern auf, die die Faszination der Warenwelt durch die abgewandelte Nutzung ihrer Güter und Objekte ad absurdum führen. Bianchi interessiert sich dafür, auf welche Art und Weise wir mit diesen Objekten verbunden sind und wie sie unser tägliches Leben beeinflussen. In der Beobachtung der Transformation von Alltagsgegenständen nach ihrer Nutzung offenbart sich so die Wechselbeziehung zwischen Natur und Sozialverhalten, Aufstieg und Niedergang urbaner und biologischer Entwicklungen, wie Katastrophen, Unfälle und Zufälligkeiten, die im Stande sind, bislang ungeahnte Ordnungen zu erzeugen. Bianchi fokussiert sich auf Konsumketten, deren Kreisläufe und die damit verbundene Lebensdauer von Objekten, darunter etwa Möbel und andere Habseligkeiten, die in jeder Gesellschaft unterschiedlich geprägt sind. Anhand der Gebrauchsspuren liest Bianchi den Lauf der Zeit und den Nutzen von Gegenständen ab, um daraus zugleich Schlussfolgerungen über einzelne Phänomene sowie Systeme zu treffen. Reagierend auf die unmittelbare, in der Regel urbane Umgebung, die der Künstler selbst als einen Organismus versteht, geht er dabei vom menschlichen Körper aus, bringt ihn aus seiner Form, erweitert diesen und führt ihn im Zusammenspiel mit anderen Körpern“ und Gegenständen in ungewöhnlichen Posen und Konstellationen in ein so weiter aufgeladenes soziales Gefüge ein. Er unterscheidet dabei nicht zwischen menschlichen Körpern und gestaltbaren Dingen, insofern justieren seine Installationen unsere Wahrnehmung eines„plastischen“ Körperbildes mitunter neu, weisen seine Torsi doch diverse Varianten bis hin zu cyborgartigen Einschlüssen auf, die uns an vertraute Objekte erinnern.

Diego Bianchi versteht jedes seiner Projekte als außergewöhnliches Abenteuer, in dem er seine unmittelbaren Eindrücke, Erlebnisse und sein Wissen mit der Realität in Verbindung bringt und diese aus einer kritischen Perspektive als etwas isoliert„Fremdes“ betrachtet, sie richtiggehend auseinandernimmt und so neu zu etwas Anderem“ formiert. So entsteht eine kaleidoskopartige, apokalyptische Spiegelung der Realität, die in der künstlerischen Übersetzung mit der Wiedererkennbarkeit von ästhetischen Konventionen und Markern, mitunter in Verbindung gebracht mit Symbolik und Codes von Geschmack und LifeStyle, anziehend und in der Darstellung körperlicher Deformierungen und Verfall zugleich abstoßend anmutet. Plastik der Plastik, oder Errores Irreales: Gegen Ästhetik und Vergänglichkeit arbeitet die Kunst, um genau diese zu schaffen und den White Cube durch seine Gesamtinstallation auf wundersame Weise zu erweitern. Denn ähnlich wie die Beziehung von Objekten und Subjekten versteht Bianchi die Architektur des Museums selbst, in dem es weder ein Innen, noch ein Außen gibt, sondern das als ein Gebäude des Stadtraumes eben eine vermeintliche Realität reflektiert, um sie als Entwurf neu zu fassen.

Dank an:

Diego Bianchi
Studio Diego Bianchi: Vanina Scolavino, Camila Gabrielli, Julian Astelarra
Galerie Jocelyn Wolff: Sandrine Djerouet, Inés Huergo, Chloé Philipp; Antoine de Galbert
Aufbau: Darek Murawka, Wolfgang Oeggl, Mykhailo Skreklia & A. Tolga Balci, Alfred Bramberger, Günther Schiefer, Katrin Schwarz, Roman Trubchaninov
(Post-)Produktion: Helga Droschl, Caro Feistritzer; Manuel Carreon Lopez, Alexander Nussbaumer
Rahmenprogramm: Nassim W. Balestrini /​CIMIG/​Institut für Amerikanistik, Tobias Boos, Simone Borghi, Radio Helsinki, Abaseh Mirvali, Modeschule Graz, Maria Schneider

Künstler:innen

Teilnehmende Künstler:innen

Diego Bianchi

*1969 Buenos Aires, lebt in Buenos Aires und zuletzt Paris

Einzelausstellungen (Auswahl): Galerie Jocelyn Wolff, Romainville (2025), New Performance Turku Biennale, Turku (2023), Museo abandonado, Dakar (2023), Marres, Maastricht (2023), Centro de Arte Dos de Mayo, Madrid (2022), Galerie Jocelyn Wolff, Romainville (2020), 11th Liverpool Biennial (2020), BIENALSUR, Córdoba (2019), BIENALSUR, Valparaíso (2017), Centro de creación contemporain, Madrid (2017), Museo de Arte Moderno, Buenos Aires (2017), Barro Gallery, Buenos Aires (2016), Wiener Festwochen (2015), Centro de Arte Experimental, Buenos Aires (2015), Centro Cultural Recoleta, Buenos Aires (2010), Fondo Nacional de las Artes, Buenos Aires (2009), Centro Uno de Arte Contemporáneo, Rio Negro (2007).

Gruppenausstellungen (Auswahl): ARCOmadrid (2025), MAC VAL, Vitry-sur-Seine (2024), Pivô, São Paulo (2024), macLYON, Lyon (2024), Bienal de Coimbra, Portugal (2024), Galerie Jocelyn Wolff, Romainville (2024, 2023), Marres, Maastricht (2023), CAPC, Bordeaux (2023), Centre Pompidou, Metz (2022), Musée de la Haute Vienne Château de Rochechouart (2023), Museo Nacional de Bellas Artes, Buenos Aires (2021), Centre d’art contemporaine de Normandie (2018), Centro Cultural Kirchner, Buenos Aires (2017), MALBA, Buenos Aires (2015), Museo Arte Moderno Cuenca (2015), 13th Istanbul Biennial (2013), Museo de Arte Contemporáneo de Niteroi, Río de Janeiro (2007), 11th Biennale de Lyon (2012), X. Bienal de la Habana, Havanna (2009).

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