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Celina Eceiza:
Ofrenda
Kooperation: Museo de Arte Moderno de Buenos Aires
18.10.2025–18.1.2026

Eröffnung:

Ausstellung

Die HALLE FÜR KUNST Steiermark freut sich, in Kooperation mit dem Museo de Arte Moderno de Buenos Aires die erste institutionelle europäische Einzelausstellung der argentinischen Künstlerin Celina Eceiza (*1988, Tandil, lebt in Buenos Aires) auszurichten. Bei dem poetischen Projekt Ofrenda handelt es sich um eine immersive räumliche Aneignung, die die Architektur der Ausstellung – und damit auch die Kunsthalle selbst – zu einem begehbaren und darin veränderlichen narrativen Körper“ transformiert.

Kooperation HALLE FÜR KUNST Steiermark und Museo de Arte Moderno de Buenos Aires
Kuratiert von Jimena Ferreiro und Sandro Droschl

Ansichten

Celina Eceiza, Ofrenda, 2025

Ausstellungsansicht
Courtesy Museo de Arte Moderno de Buenos Aires

Foto: Guido Limardo

Text

Ähnlich einem wohligen, künstlich gestalteten Organismus wirkt die Installation eigentümlich lebendig, sie scheint sich nahezu zu bewegen und so finden sich die Besucher:innen in einer Situation wieder, in der die vorgefundenen Zustände und Eindrücke sich schrittweise verändern. Sowohl die Statik, als auch die Stabilität des Gebäudes kommen dabei etwas ins Wanken und die starren baulichen Elemente scheinen sich von ihrer gewohnten Funktion und Nutzung zu lösen. Die spätmoderne Architektur und ihre orthogonalen weißen Wände sind durch diese fröhliche raumgreifende Intervention nicht wiederzuerkennen, der strenge White Cube verliert seine gewohnten Koordinaten, löst sich in einem intensiven Farbrausch auf und wird zu einem weichen (an)organischen Körper, den es zu erfahren gilt.

Sämtliche Wände vom Boden bis zur Decke sind mit Hunderten Metern Stoff drapiert, die durch die kollektive und zeitlose Kulturtechnik des Nähens miteinander verbunden sind und nun eine einzige geschlossene Oberfläche bilden. Diese malerisch gestaltete Haut“, ihre metaphorischen Falten“ und organischen Einschübe sind zwar resilient, zugleich aber auch empfindlich gegenüber Veränderungen. Eine metabolische Kraft bestimmt die Entwicklung von Eceizas Werk, zu dem Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen gehören, die kleinteilig bis großformatig, filigran bis elementar sind. In ihnen verbindet die Künstlerin in langwieriger Handarbeit textile Techniken und Verfahren wie Patchwork, Collagen aus gesammelten Objekten und neuerdings auch Gips- und Kreidepastell, die ihren Bildern eine überraschende Ambivalenz oszillierend zwischen suggestiver Präsenz und einer fluiden Flüchtigkeit verleihen. Ihre Kompositionen sind reich an Fragmenten von sich wandelnden Körpern, sowie Blumen und Früchten in der Stillleben-Tradition. Die ineinander übergehenden Arbeiten stellen Bezüge zu Kunstbewegungen des 20. Jahrhunderts sowie verschiedenen Aspekten der Kulturgeschichte her, darunter zur griechisch-römischen Antike, mythologisch-religiöse Verweise, aber auch zu oppositionellen politischen, sozialen und künstlerischen Bewegungen der reichen wie komplexen argentinischen Geschichte.

Celina Eceizas Installationen laden zum Mitmachen in angenehmen, durchlässigen und weitläufigen Umgebungen ein. Als handele es sich um phantastische und schließlich realisierte Ideengebilde, laden ihre umfassend gestalteten Räume dazu ein, von den Besucher:innen und ihren Körpern unmittelbar und fern ihrer rationalen Natur erlebt zu werden, um sich dem direkten, haptischen Erleben zu öffnen. Diese intime und zugleich kollektive Erfahrung zeigt Eceizas politische Kraft, indem sie Kunst als eine lebendige Form darstellt, die gepflegt werden muss, um neue potentielle Verbindungen zwischen den Menschen zu entwickeln.

Damit schließt die Künstlerin an die gerade seit den 1960er- und 1970er-Jahren in Argentinien populäre Praxis einer Erweiterung des Kunstraums hin zu einer verstärkt gesellschaftlichen Nutzung und öffentlichen Debatte an, die sich auch aus einem erweiterten Verständnis und einer eigenständigen Interpretation von Modernität und einem vertieften Interesse an sozialen und politischen Fragestellungen speist, und auch vor radikaleren Setzungen und alternativen Entwürfen bis hin zu umfassenden Gesamtkunstwerken nicht zurückschreckt. Diesem Hang zur öffentlichen Auseinandersetzung, zu Diskurs und Kritik an den immer wieder schwierigen herrschenden Umständen sowie zu darin gefundenen ästhetischen und inhaltlichen Entscheidungen, macht eine Auseinandersetzung mit der lateinamerikanischen Kunstgeschichte auch für die Gegenwartskunst so fruchtbar. Hier kommen den Sammlungen der Museen in Auswahl und Aufarbeitung der bis heute wirksamen Geschichte eine besondere Rolle zu, dem das Museo de Arte Moderno de Buenos Aires unter der Direktion von Victoria Noordthoorn im besonderen Maße entspricht und dahingehend für die Recherche und Praxis von Künstler:innen und weiteren Interessierten von großem Wert ist.

Celina Eceiza interessiert sich hier im Besonderen für eine alternative Geschichte zum gängigen Bild der Moderne, die sie in gegenläufigen, mitunter widerständigen Praktiken einer nicht auf Repräsentation oder der Akademia ausgerichteten Produktion um historisch für sie wesentliche Künstler:innen wie Alberto Heredia, Juan Del Prete / Yente oder Nicolás Gracía Uriburu verortet, die vermutlich gerade wegen ihrer oppositionellen Haltung und eigenständigen künstlerischen Produktion eine nachhaltige Wirkung entfalteten. Eceiza hat sich aus der Sammlung des Museums von vornehmlich malerischen Arbeiten inspirieren lassen und diese unter Einsatz von feingliedrig ineinander verwobenen Textilien in leuchtend collagierten Formen auf neue Arbeiten übertragen. Ähnlich einer frei interpretierten künstlerischen Ahnengalerie auf gelb leuchtendem Grund führt sie das Publikum so eingangs in ihre persönliche argentinische Kunstgeschichte ein.

In der zentralen Räumlichkeit spielt die Künstlerin anhand von übergroßen phantasievollen Entwürfen mit überraschenden sowie humorvollen Variationen und Abbildern von menschlichen Körpern. Wie in einem von einem riesigen Wesen – oder einer übermütigen Kunsthalle – verschluckten, farbprächtigen Spiegelkabinett bewegt man sich zwischen diversen Körpern, die wie bei einer eigenartigen Versammlung immer näher zu kommen scheinen. Diese wirken aber weder bedrohlich noch belehrend, vielmehr werfen sie einen auf erfrischende Weise auf die Potentiale des eigenen Körpers zurück und regen dazu an, kommunikativ und in einem unvermittelten Sinne sozial im Zusammenspiel mit anderen zu agieren.

Die Energie Argentiniens lässt Mitteleuropa einmal mehr etwas alt aussehen und gerade deshalb wirkt der Blick in die hier so nahe Ferne ansteckend und befreiend, erst recht wenn man an Buenos Aires denkt, an die weitläufige Hafenstadt der Guten Lüfte“, deren durch keine Krise unterzukriegende Bevölkerung, Porteños und Porteñas genannt, die wie in kaum einer anderen Stadt reichen und diversen Traditionen immer wieder neu interpretieren und lebendig halten. Dabei spielen das Körpergefühl und sein individuelles und gesellschaftliches Verständnis eine wesentliche Rolle. In Ofrenda macht uns Celina Eceiza ein seltenes Geschenk, das auch in schwierigen Zeiten Zuversicht und Lebensfreude gibt und darin Farbe bekennen lässt: Wie in einer geheimnisvollen, reich bestückten Kaverne fern von schnöder Zeit und Raum kommen wir Eceizas phantastischer Welt und ihren impulsiven Bewohner:innen nahe, um unsere eigenen Körper und ihre gesellschaftliche Kraft befreiter zu erfahren.

Künstler:innen

Teilnehmende Künstler:innen

Celina Eceiza

*1988, Tandil, Argentinien, lebt in Buenos Aires

Einzelausstellungen (Auswahl): Moria Galería at ARCOlisboa (2025), Museo de Arte Moderno de Buenos Aires (2024), Moria Galería, Buenos Aires (2023, 2021, 2018), Mundo Dios, Mar del Plata (2023), Móvil arte contemporáneo, Buenos Aires (2019), Jamaica ATR Gallery, Rosario (2019), Big Sur Galería, Buenos Aires (2015).

Ausstellungen (Auswahl): Istanbul Biennial (2025), Móvil arte contemporáneo, Buenos Aires (2024), Bienal de Arte Textil, Sede Centro Cultural CEINA, Santiago de Chile (2023), UB-Anderson Gallery, Buffalo (2022), Microespacio Museo Petorutti, La Plata (2022), Museo del traje de Buenos Aires (2022), Bemis Center for Contemporary Arts, Omaha (2021), Galería Belgrado, Buenos Aires (2021), Athens Institute for Contemporary Arts, Georgia (2021).

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