THE PALE ONE (2020)

THE PALE ONE  (2020) ist ein Geschöpf mit fahlem weißem Fleisch, das wie ein Januskopf zwei ​„Gesichter“ besitzt: ein Pferdekopf mit offenem Hals streckt sich den Besucher_​innen entgegen, dessen offener Hals das Maul eines Drachens darstellt. Das Objekt, dessen Kern hauptsächlich aus Silikon und Urethanschaum besteht, ist außen mit Wimpern aus künstlichem, platinblondem Haar und Kristallen geschmückt. Der Hohlraum des Drachenschlundes ist wiederum mit Zähnen aus Stacheldrahtzaun besetzt. Der Kopf ist durch Hacken und Ketten in einen Aluminiumrahmen eingefasst, der mit gelben Leuchtstoffröhren ausgestattet ist. Die Arbeit bezieht sich auf das fahle Pferd des apokalyptischen Reiters aus der Offenbarung wie sie in der Bibel steht: ein Tier, das den Tod auf dem Rücken trägt, der die Macht in sich trägt ein Viertel der Erdbevölkerung mit sich zu reißen. Für Garner hat sich die Prophezeiung des fahlen Pferdes erfüllt – in der Vergangenheit durch Infektionskrankheiten wie Pocken, Gelbfieber, Grippe und viele andere Krankheiten, die während des Kolonialismus wie ein Trojanisches Pferd durch weiße Körper über indigene Länder und Gemeinschaften verbreitet wurden. Auch im gegenwärtigen Kontext der globalen Pandemie sieht die Künstlerin, die apokalyptische Geschichte aus ihrer Perspektive in Realität umgesetzt: Unzählige weiße Amerikaner_​innen widersetzten sich zum Höhepunkt der Pandemie dem sozialen Vertrag der Menschlichkeit, indem sie sich weigerten, den Anforderungen der sozialen Distanzierung nachzukommen und sich dem Tragen von Masken verwehrten. Während das Gefühl der Unbesiegbarkeit bei den Rücksichtslosen zunahm, stieg auch die Zahl der Todesopfer, unter denen in den Vereinigten Staaten unverhältnismäßig viele Schwarze und braune Menschen zu zählen waren. Garners Arbeit schält langsam das Bindegewebe zwischen der dunklen Geschichte der medizinischen Industrie und der weißen Vorherrschaft auseinander. Die Medizin wurde benutzt und entwickelt, um die Heilung und den Schutz weißer Körper im Vergleich zu jeder anderen Bevölkerung stark zu priorisieren, eine Praxis, die bis heute anzudauern vermag.